Mecklenburg zur Zeit der fünften Generation

Der am 18. April 1755 zwischen Herzog Christian Ludwig II. und der mecklenburgischen Ritterschaft geschlossene Landesgrundgesetzliche Erbvergleich bestätigt die Leibeigenschaft der Bauern, berechtigt die Ritter, Bauernbesitz zu legen, bestätigt die Steuerfreiheit auf Ritterhufen und sichert den politischen Einfluß des Landadels. In 25 Artikeln mit 530 Paragraphen regelt er das Zusammenwirken der Stände und festigt die seit dem Mittelalter gewachsene Dreiteilung des Landbesitzes in Domanium, Ritterschaft und Landschaft. Das Domanium bleibt auf den Landtagen ohne Vertretung, lediglich Ritterschaft und Städte sind dort vertreten. Obwohl es einerseits vorteilhaft ist, dass überhaupt eine allgemeinverbindliche Regelung geschaffen ist, wird mit dem Erbvergleich endgültig verhindert, dass sich in Mecklenburg ein absolutistischer Staat entwickeln kann. Der Erbvergleich bleibt bis 1918 Verfassung im Land, während sich in anderen Ländern der Parlamentarismus entwickelt.

Im Zusammenhang mit dem Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich wird 1755 durch Christian Ludwig II. eine Dirketorialvermessung der Gutsfeldmarken der Ritterschaft angeordnet.

Anfang April 1756 beginnt die Vermessung der ritterschaftlichen Güter. Anfangs sträuben sich viele Gutsbesitzer gegen die Vermessungen, weil sie befürchten, anschließend höhere Steuern zahlen zu müssen. Als sich herausstellt, dass oft eine viel kleinere Hufenzahl vermessen wird, schreitet die Vermessung ausgesprochen schnell voran und ist - trotz des Siebenjährigen Krieges - bis 1773 abgeschlossen. Am 30. Mai stirbt Herzog Christian Ludwig II.. Nachfolger auf dem schwerinschen Thron wird sein Sohn Friedrich der Fromme, der die pietistische Strömung im Land fördert. Er verlegt seinen Regierungssitz von Schwerin nach Ludwigslust.

Am 29. August 1756 beginnt der Siebenjährige Krieg mit der Besetzung Sachsens durch die preußische Armee. Mecklenburg stellt sich schon zu Beginn des Krieges auf dem Reichstag in Regensburg gegen den preußischen König und auf die Seite Österreichs. Nach anfänglichen Niederlagen der Preußen, hofft der Schweriner Herzog auf ihren endgültigen Untergang und damit verbunden auf die Wiedererwerbung einiger seit 1734 an Preußen verpfändeter Domanialämter. Im ersten Jahr des Krieges bleibt Mecklenburg von direkten Kriegshandlungen verschont.

Am 10. Dezember 1756 wird Herzog Friedrichs Bruder Ludwig der stammerhaltende Sohn Friedrich Franz geboren.

Im Dezember 1757 dringen preußische Truppen von Stettin aus in Mecklenburg ein, um den Schweden das Land als Operationsbasis streitig zu machen. Dabei werden vor allem Städte im Osten des Landes, z.B. Malchin, Neukalen und Dargun besetzt. Direkte Kriegshandlungen finden auf dem Territorium Mecklenburgs jedoch auch in den Folgejahren kaum statt. Ab und an kommt es zu kleineren Kämpfen und Scharmützeln. Schwerer wiegen andere dem Land auferlegte Lasten. Mecklenburg muss während des Krieges etwa 15 Millionen Taler Kontribution zahlen. Preußische Truppen werben brutal Soldaten und verschleppen sie nach Preußen. Auf Befehl Friedrichs des Großen werden Getreide, Vieh und Bargeld aus dem Land gepresst.

Bis zum Juni 1758 dauert die Besetzung, vor allem des östlichen Mecklenburg, durch preußische Truppen an. Die Hauptlast der Kontributionen für die Unterhaltung und Verpflegung der Besetzer sollen vor allem die herzoglichen Domänen tragen, um sie für die Entscheidung des Herzogs in Regensburg gegen den Preußenkönig zu bestrafen. Aber auch Bauern müssen Bargeld und Getreide liefern; Wagen, Pferde und manchmal auch Knechte bereitstellen. Als die preußischen Truppen im Juni Richtung Russland abrücken, nutzt die schwedische Armee Mecklenburg sofort als Durchmarschgebiet, um weiter nach Süden vorzudringen. Auch die Schweden versuchen, die in Städten und Dörfern noch vorhandenen Geldmittel für sich zu erpressen. Aber schon im Dezember erscheinen wieder preußische Truppen in Mecklenburg und drängen die schwedischen aus dem Land. Wieder werden die Städte des Ostens besetzt.

Der Schweriner Herzog Friedrich erlässt am 2. August 1760 auf Druck der Ritterschaft und aufgrund zunehmender Auswanderungszahlen ein generelles Auswanderungsverbot. Dieses Verbot wird 1763 noch einmal verschärft.

1761 ist das schlimmste Kriegsjahr für Mecklenburg im Siebenjährigen Krieg. Fast 4.400 Soldaten werden gewaltsam für die preußische Armee geworben. Viele junge Männer verstecken sich in den Wäldern und Sümpfen oder versuchen, ins Ausland zu fliehen. Zahlreiche Mühlen stehen still, da vor allem Müller und Bäcker zur Versorgung preußischer Truppen verschleppt werden.

Der Tod Zarin Katharina von Russland und die Politik ihres Nachfolgers Peter III. machen dem Siebenjährigen Krieg ein Ende. Im Mai 1762 wird in Petersburg der Friedensvertrag unterzeichnet. Der mecklenburgische Herzog verpflichtet sich zur Zahlung der noch ausstehenden Kontributionen und so ziehen Ende Mai die preußischen Truppen endgültig aus Mecklenburg ab.

In Mecklenburg gibt es starke kirchliche Auseinandersetzungen zwischen evangelischen und pietistischen Strömungen. 1769 werden alle Aposteltage, die dritten Feiertage zu Ostern und Weihnachten, das Fest der Heiligen Drei Könige un der Johannis und Michaelistag abgeschafft.

Am 30.12. erlässt der Herzog eine "Verordnung zur Abstellung von Missbräuchen bei Kirchgängen aller Art". Zu Verlobungen dürfen fortan keine Gäste mehr eingeladen werden bzw. Festmahlzeiten gehalten werden. Bei Hochzeiten sind außer Prediger und Küster nicht mehr als 14 Personen zum Essen zugelassen. Das Essen selbst darf nicht mehr als drei Gerichte und eine Tonne Bier umfassen. Kindtaufen sollen nur im engsten Familienkreis mit zwei Essen und einer halben Tonne Bier gefeiert werden. Bei Beerdigungen schreibt der Erlass kein Essen und eine halbe Tonne Bier vor.

Am 20. August 1771 erlässt Herzog Friedrich der Fromme für die Schulen des Domaniums eine Schulordnung, die die Dauer des Schulbesuchs, den Inhalt des Unterrichts und die Höhe des Schulgeldes genau festlegt. Die Lehrer werden angehalten, von Michaelis bis Ostern jeweils drei Stunden am Vormittag und drei Stunden am Nachmittag Schule in Katechismus, Lesen, Schreiben und Rechnen zu halten. Die Ritterschaft wehrt sich erfolgreich gegen die Durchsetzung der Schulordnung in ihrem Bereich und das Schulwesen in Mecklenburg entwickelt sich auseinander.

Ab etwa 1772 tauchen in Mecklenburg die ersten Tannenbäume bei Adel und Oberschichten auf. Sie sind anfangs mit Rosinenketten, Äpfeln und Nüssen geschmückt. Erst etwa 80 Jahre später setzt er sich auch bei den unteren Schichten als Weihnachtsschmuck durch.

1776 wird durch Herzog Friedrich den Frommen der Schwerinsche Staatskalender begründet.

Am 24. April 1785 stirbt Herzog Friedrich der Fromme. Nachfolger wird sein Neffe Friedrich Franz I.. Auch er behält seine Residenz in Ludwigslust bei. Friedrich Franz I. kauft die verpfändeten Domanialämter Wredenhagen, Marnitz, Eldena und Plau von Preußen zurück.

Friedrich Wilhelm Graf von Schmettau gibt 1788 die "Topographisch ökonomisch und militärische Karte des Herzogtums Mecklenburg-Schwerin und des Fürstentums Ratzeburg" in 16 Sektionen heraus. Der Karte liegen Vermessungen des Ingenieurs und Wasserbaumeisters K.F. Wiebeking und die Karten der Direktorialvermessung ab 1755 zugrunde.

Während der Französischen Revolution, die im Juli 1789 begonnen hatte, gibt es auch in verschiedenen mecklenburgischen Städten Streiks vor allem durch Gesellen.

Durch die übermäßige Ausfuhr von Lebensmitteln und die damit verbundene Verteuerung von Lebensmitteln verbreitet sich in Mecklenburg 1790 eine Hungersnot. In einigen mecklenburgischen Städten kommt es vor allem unter den Gesellen und Tagelöhnern zu Hungerunruhen.

Ab diesem Jahr werden in den Dörfern des Domaniums schrittweise die Frondienste abgeschafft und die Hand- und Spanndienste durch Zahlung von Dienstgeld ersetzt. Dadurch wird auf den Bauernwirtschaften immer weniger Gesinde benötigt, nachgeborene Kinder des Bauern und immer größere Teile der Landbevölkerung sind nun "ohne Rauch" und damit ohne Recht, einen eigenen Hausstand zu gründen.

Am 8. Mai 1792 wird durch Herzog Friedrich Franz I. eine Verordnung zum Auswanderungsverbot nach Amerika erlassen.

Das "Gesangbuch für die Hofgemeinden" erscheint 1794. Es veröffentlicht, dem Zeitgeschmack angepasst, viele ur-evangelische Kirchenlieder nicht mehr.

In Mecklenburg gründet sich 1798 die Landwirtschaftliche Gesellschaft, später umbenannt in Mecklenburgischer Patriotischer Verein. Sie kümmert sich um die Belebung von Handel und Gewerbe mit landwirtschaftlichen Produkten.

Nach einer völligen Missernte in Frankreich und den Nordischen Ländern führen 1800 mecklenburgische Gutsbesitzer so viele Lebensmittel aus, dass es im eigenen Land zu Lebensmittelknappheit und großer Teuerung kommt. In Güstrow und Rostock kommt es Ende Oktober Anfang November zur sogenannten Butterrevolution. Um den Bogen nicht zu überspannen, wird Getreide nach den Unruhen wieder zum Normalpreis verkauft und ein Ausfuhrverbot für Kartoffeln und Speck erlassen.

Da die Kartoffelernte überaus reich war, beginnen zahlreiche Gutsbesitzer mit dem Branntweinbrennen und zahlen ihren Arbeitern den Lohn in Branntwein. Viele Verzweifelte suchen so Trost im Alkohol und erheblicher Mißbrauch greift um sich. Um die Jahrhundertwende ist eine erhebliche Entkirchlichung der Bevölkerung festzustellen. Die Wochen- und Frühgottesdienste werden aufgehoben, es findet nur noch der Hauptgottesdienst am Sonntag statt. Zahlreiche Pastoren klagen über wachsende Areligiösität und zunehmende Sittenlosigkeit und Vergnügungssucht.

Von Oktober bis November 1805 gestattet Mecklenburg trotz Neutralität schwedischen und russischen Truppen den Durchmarsch zum Schutz gegen Napoleons Frankreich.

Im Februar und März 1806 und zu Beginn des französisch-preußischen Krieges im August befinden sich wieder schwedische und russische Truppen in Mecklenburg. Nach der Niederlage der preußischen Armee gegen die Franzosen bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober versucht der aus Mecklenburg stammende General Blücher, Teile der geschlagenen Armee nach Mecklenburg zu retten. Französische Truppen folgen ihm nach und erklären Mecklenburg zum Feindesland, da es ein Jahr zuvor russischen Truppen Durchzug gewährt hatte. Bei Nossentin und Schwerin kommt es zu kleineren Schlachten zwischen französischer und preußischer Armee.

In Mecklenburg wird durch Napoleon am 21. November eine Kontinentalsperre gegen den Handel mit England verhängt, was sich in den folgenden Jahren verheerend auf die wirtschaftlichen Beziehungen des Landes vor allem auf den Getreideexport auswirkt. Am 8. Dezember wird der Warnemünder Hafen für alle Schiffe gesperrt.

Französische Soldaten besetzen 1807 Mecklenburg. Einquartierungen, Plünderungen und Kontributionen lasten auf der Bevölkerung in Stadt und Land. Herzog Friedrich Franz I. geht im Januar ins Exil nach Altona und stellt sich unter den Schutz des Dänemarks. Alle kirchlichen und weltlichen Beamten des Landes werden durch die französischen Besatzer von ihrem Eid auf den Herzog entbunden. Herzog Friedrich Franz kann jedoch nach dem Tilsiter Frieden und durch russische Vermittlung am 11. Juli nach Mecklenburg zurückkehren unter der Bedingung, dass sein Land als französischer Vasallenstaat dem napoleonischen Rheinbund beitritt. Bis zum 1. Dezember ziehen fast alle französischen Einheiten aus Mecklenburg ab.

Am 22. März 1808 muss Mecklenburg nach monatelangen Verhandlungen dem französischen Rheinbund beitreten. Der deutsche Reichsverband ist bereits aufgelöst.

1809 erlässt Herzog Friedrich Franz I. für die Domanialdörfer eine zweite Verordnung zur Büdneransetzung, da zahlreiches Gesinde durch die Aufhebung der Frondienste ihre Arbeit verloren hat. Außerdem erhalten zahlreiche Bauern im Domanium nun nach und nach Zeitpachtverträge für ihre Höfe. Ab Anfang des 19. Jahrhunderts werden die Büdnerhäuser zunehmend als massive Gebäude mit der Traufseite zur Straße errichtet. Ab 1820 kann der Büdner die Betriebsfläche seiner Wirtschaft durch Zukauf und Zupachtung auf 5 bis 10 ha vergrößern, so wird die Büdnerei allmählich selbständiger kleinbäuerlicher Landwirtschaftsbetrieb.

Ab Herbst 1810 rücken wieder verstärkt französische Truppen nach Mecklenburg ein, um den verbotenen Handel mit England unter Kontrolle zu halten und Warenschmuggel zu verhindern. Haussuchungen durch französische Kontrolleure sind an der Tagesordnung. Durch den immer noch unterbundenen Seehandel verarmen Kaufleute, Handwerker, Gutsbesitzer und Bauern. Hinzu kommt, dass die Rinderpest wieder in Mecklenburg auftaucht. Räuberbanden und marodierende französische Soldaten sorgen für Unsicherheit vor allem in den ungeschützten Dörfern aber auch in einigen Städten. So nimmt zum Beispiel auch der Blechernkrug bei Krakow Diebesbanden auf, die von hier aus ihre Raubzüge organisieren.